Ich setze mich gegenüber den Jedi in den Interviewstuhl. Hundert Fragen über die Macht brennen in mir. Star Wars ist gerade wegen seiner Philosophie beliebt und ich möchte in dem Interview mehr über diese geheimnisvolle Macht hören, die uns alle umgibt.
„Meister Yoda, die wichtigste Frage vorweg: Darf ich sie Yodini nennen? Ich finde das klingt wie süße, italienische Brötchen.“
Yoda zieht seine nicht vorhandenen Augenbrauen hoch.
„Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid und Brot zu Reizdarm.“
Er schaut mich durchdringend an. Die Macht ist stark in ihm und färbte ihn grün. Wie alles reine auf dieser Welt: Pflanzen, Bäume, Dollarscheine.
„Meister Yoda, wir müssen schnell zu den wirklich wichtigen Fragen vorstoßen. Die Aufmerksamkeitsspanne der heutigen Leser gleicht Goldfischen. Unser Gespräch konkurriert gegen Millionen Katzenvideos. Obwohl, sie sehen ein bisschen aus wie eine Katze. Eine überaus hässliche Katze, aber immerhin. Vielleicht geht unser Gespräch viral!“
„Euch sterben zu sehen mein Herz aufs Wärmste erfreut.“, antwortet der Jedi trocken.
„Vielleicht habe ich das Gespräch nicht geschickt eingefädelt“, denke ich mir.
Aber es ist nur ein Gedankenfetzen. Der nächste kommt bestimmt gleich. Dann der nächste, und der nächste. Warum sich über Gedanken stressen?
Jedoch gibt es eine Frage, die mich umtreibt. Ich fühle seit geraumer Zeit, dass ich gefangen bin. Es ist ein Gefängnis, dass ich nicht sehen kann. Mit Gitterstäben, die ich nicht anfassen kann. Mit Wächtern aus Angst und Wut.
Es ist ein Glauben, der mich umhertreibt und weil viele auch daran glauben, ist es ein Glaubenssystem geworden, dass niemand mehr anzweifelt.
Die Hölle der Kausalität.
Der Glaube daran, dass Emotionen unsere Handlungen bestimmen und unsere Handlungen unser Leben formen. In diesem Gefängnis müssen wir immer auf der Hut sein, wie wir Denken und Fühlen. Wir versuchen an uns zu arbeiten, weil wir glauben, dass wir dadurch ein besseres Leben formen können.
Wir ernähren uns clean, verzichten auf Gluten, betrinken uns mit Kaffee auf dem Weg zur Arbeit.
Wir vermeiden hilfsbedürftige Menschen, die uns runter ziehen könnten und suchen den Partner, der uns ein bisschen mehr Freude im Alltag schenkt. Wir arbeiten, arbeiten, arbeiten – An uns, unseren Körper, und sozialen Stellung.
Auf dieser Weise fühlen sich Millionen Menschen im Zeitalter der vernetzten Kommunikation einsamer denn je.
Ich räuspere mich und schau dem Weihnachtskobold in seine grau-grünen Augen.
„Erzählen Sie mir von der Macht. Ist sie der eigentliche Auslöser von allen Dingen? Damit meine ich auch die alltäglichen Dinge, wie Mundgeruch oder ein paar Kilo zu viel. Oder der Betrag auf meinem Konto. Ist die Macht dafür verantwortlich?“
Sein Blick schweift von mir ab in eine unbekannte Galaxie. „Jedis ich habe herangebildet 800 Jahre lang. Ständiger Begleiter ist die Macht.“
Er schweigt. Also ist die Macht eben auch die unspektakulären Dinge. Schon mal gut zu wissen. Aber mein Ego verlangt nach mehr.
„Kann ich diese Macht lenken, sodass sie genau das erschafft, was ich möchte?“
„Viel zu lernen du noch hast.“, antwortet er kopfschüttelnd. „Nicht dein Leben, du musst ändern. Nur eintauchen in die Macht, du musst. Öffnet euch. Spürt die Macht, die euch umgibt. Eure Sinne nutzen ihr müsst. Alles andere lass geschehen.„
Er schaut mich durchdringend an.
„Vorsicht du walten lassen musst. Glück und Kraft du nicht suchen, außerhalb der Macht. Unerträgliches Leid die Folge ist. Alles ist Veränderung – bleiben nur die Macht.„
Ich denke über seine Worte nach. Er sieht zwar aus, wie ein Baumstamm mit Ohren, aber ihm umgibt eine Klarheit und Stärke, die ich nicht an äußeren Faktoren ausmachen kann.
Die Macht ist also ein Quell an Glück und gleichzeitig formt sie alles, was wir wahrnehmen. Alle Erscheinungen in unserem Leben sind somit nur Ausdrücke dieser Quelle, aber warum gibt es dann schlechte, wie Trennung, Tod usw…? Oder gibt es in Wahrheit keine Unterscheidung, weil alles von der Macht stammt?
Auf einmal sehe ich die Gitterstäbe meines Gefängnisses: Es sind jene Beurteilungen. Ich gebe den Umständen zu viel Bedeutung, obwohl sie nur flüchtige Ereignisse, gespeist aus einer weißen Quelle der Macht sind.
„Ich möchte in Zukunft probieren, mehr diese Macht in allem zu sehen.„, sage ich nachdenklich.
Der Jedi schüttelt wieder seinen grünen Kopf: „Tue es oder tue es nicht. Es gibt kein Versuchen„.
„Aber wie?“, frage ich ihn.
„Jeder Gedanke. Jedes Gefühl. Gebe zurück der Macht. Nicht festhalten du sollst, Dinge, die dir nicht gehören.„
Meister Yoda erhebt sich aus dem Interviewstuhl. Mit beiden Händen stützt er sich auf seinen Stock. „Möge die Macht mit euch sein„, sagt er zum Abschied.
„Aber ist sie das nicht die ganze Zeit?„, erwidere ich.
Er wirkt erstaunt, runzelt seine Stirn und verlässt mich schweigend.
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